Ist euch auch schon mal aufgefallen, dass jeder Autor seine Lieblinge hat, die ständig in seinen Romanen auftauchen? Damit sind nicht unbedingt bestimmte Figuren oder Settings gemeint. Für viele meiner Kollegen sind es Katzen: In jedem Roman – unabhängig vom Genre – trifft man irgendwo auf eine Katze, die in ihrem Körbchen liegt, auf der Fensterbank sitzt, gefüttert werden will oder den Protagonisten morgens mit einem Sprung auf die Brust und einem vorwurfsvollen Maunzen weckt. Und gelegentlich dreht sich auch der ganze Roman um die Vierbeiner. Ich kann mich davon nicht ausschließen. Auch bei mir findet man etwas immer wieder, in allen Variationen. Allerdings sind es keine Katzen.
Es sind nicht einmal Lebewesen, obwohl sie auch schnurren, stöhnen, fauchen, brüllen, grollen oder flüstern können, gelegentlich ihre Launen haben und Namen tragen. Ich spreche von Motorrädern. Bikes. Maschinen. Öfen. Karren. Und meine damit insbesondere jene Motorräder, die als Chopper oder Cruiser bezeichnet werden (mein Sohn unterscheidet zwischen Bike = Harley & Co und Motorrad = alle anderen). Sie und ihre Fahrer, die in Motorradclubs organisierten Biker, tauchen in jedem meiner Romane auf: mal eher am Rande, mal nehmen sie mehr Raum ein. Und manchmal füllen sie sogar die Story, wie zum Beispiel in meinen Krimis.
Warum ist das so?
Wenn ich an einem Roman arbeite, stecke ich mit drin, egal worum es geht. Da sind meine Vorlieben, meine Abneigungen, meine Interessen. Natürlich kann ich das alles unterdrücken und ausklammern und mich … sagen wir mal … statt mit Bikes mit Kakteen beschäftigen. Ich könnte in jedem Roman einen Kaktus irgendwo auf die Fensterbank, in ein Gewächshaus oder die Landschaft stellen. Die Protagonisten könnten Kakteen sammeln. Sie könnten Kakteen geschenkt bekommen oder verschenken, sie pflegen oder sich an ihnen verletzen. Kakteen sind interessante Pflanzen, ihre Vielfalt und ihre Überlebenstricks erstaunlich. Und über die Schönheit und symbolische Kraft einer Kaktusblüte brauchen wir nicht zu diskutieren. Trotzdem gibt es in meinen Romanen keine Kakteen. Warum? Sie versetzen mich nicht in Begeisterung, lassen mein Herz nicht schneller schlagen oder meine Finger warm werden. Ich könnte nicht stundenlang über Kakteen sprechen – über Bikes und Motorradclubs schon, also überlegt es euch gut ob ihr mich darauf ansprechen wollt 😉 . Und Kakteen bieten mir auch keinen Grund, mich schon am 01. Dezember auf den 01. März freuen, weil dann die Saison beginnt, das Wetter (meist) besser wird und wir endlich endlich endlich wieder fahren können. Sobald Biker in meinem Roman auftauchen, geht’s los: Das Vibrieren, das im ganzen Körper zu spüren ist, das Dröhnen des Motors, Gas geben und plötzlich ist der Drive da. Die Geschichte ist nicht mehr nur irgendeine Geschichte, sondern meine. Meine Geschichte, die ich erzählen will. Und die nur ich genau so erzählen kann.
Problematisch wird es nur im Fall bestimmter Genres: In historischen Romanen oder Fantasy ist es nicht eben glaubwürdig, ein Bike über die Hügel fahren zu lassen. Aber dafür habe ich noch einen Trick, sozusagen das sprichwörtliche As im Ärmel. Denn es gibt noch etwas, das nahezu untrennbar mit der Bikerszene verbunden ist, das aber im Gegensatz zu Motorrädern in allen Kulturen zu Hause und so alt wie die Menschheit ist: Tätowierungen. 😉
So long,
Eure Yvonne.